Die Frage, wie Praktiker*innen durch die Reflexion des eigenen professionellen Handelns und der dahinter liegenden impliziten Annahmen und Normen Wissen generieren, das eigene Tun erfahrungsbasiert evaluieren und ihre Erkenntnisse distribuieren können, steht im Zentrum von Donald Schöns einflussreicher Publikation „The Reflective Practitioner. How Professionals Think in Action“ (1983). Die darin beschriebene Grundeinstellung eines reflective practitioner wurde im Anschluss sowohl in der Pädagogik (Grushka, Hinde-McLeod & Reynolds 2005) als auch in Teilbereichen der Kulturellen Bildung (für die Museumspädagogik: Martin et al. 2019) aufgegriffen und teils kritisch diskutiert (Leonhard & Abels 2017). Innerhalb der Musikvermittlung wurde diesem Diskurs bislang wenig Beachtung geschenkt.
Eine kontinuierliche Reflexion ist jedoch notwendige Bedingung, um die eigene musikvermittelnde Praxis weiterzuentwickeln. Im institutionellen Rahmen ist die regelmäßige Besinnung auf die Ziele, mit denen eigene Initiativen im Bereich Musikvermittlung verknüpft werden, und der Abgleich, inwieweit diese tatsächlich erreicht werden, unerlässlich. Denn nur so kann das volle Potenzial ausgeschöpft werden, das Musikvermittlung für die Transformation der eigenen Institution (Müller-Brozović 2023) bietet. Fehlende Absprachen zwischen Projektpartnern in Bezug auf die Projektziele können sogar zum Scheitern langjähriger Kooperationen führen (Voit 2019). Tatsächlich stellen systematische Evaluationen an Konzerthäusern und Klangkörpern jedoch eher die Ausnahme dar und beschränken sich, so sie denn stattfinden, i.d.R. auf quantitative Umfragen (Ticketverkäufe, Zufriedenheitswerte etc.). Substanzielle Erkenntnisse, die zur Weiterentwicklung des eigenen Vermittlungsangebots genutzt werden können, werden auf diese Weise eher selten gewonnen.
In diesem Workshop möchten wir Methoden zur Diskussion stellen, wie Akteurinnen der Musikvermittlung zur Reflexion der eigenen Vermittlungspraxis angeregt werden können. Diese wurden begleitend zum neu erschienenen Handbuch Musikvermittlung – Studium, Lehre, Berufspraxis (Petri-Preis & Voit 2023) entwickelt, in dem Musikvermittlung als ein multipolarer Diskursraum konturiert wird. So bewegen sich Praxen der Musikvermittlung i.d.R. in unterschiedlichen Spannungsfeldern, die eine aktive Positionierung der beteiligten Akteurinnen erforderlich machen: Zwischen künstlerischer und pädagogischer Ausrichtung, zwischen Kunstwerk- und Dialoggruppenorientierung, zwischen Affirmation und Transformation, zwischen Publikumsentwicklung und sozialer Verantwortung, zwischen Verstehen und Erleben oder zwischen strukturiertem und wildem Lernen (ebd.). Mithilfe eigens entwickelter Materialien werden die Teilnehmerinnen zur Reflexion der eigenen Haltungen und Werte sowie der Zielsetzungen und Machtstrukturen in ausgewählten Musikvermittlungskontexten angeregt, ehe die vorgestellten Methoden und Materialien mit Blick auf ihre Einsatzfähigkeit in der Aus- und Weiterbildung diskutiert werden,
Workshop gemeinsam mit Prof. Axel Petri-Preis, PhD im Rahmen der 15. Tagung des Netzwerks Forschung Kulturelle Bildung am 10.09.2024 in Köln