Das Wesen der Stille und ihr Verhältnis zur Musik ist vielschichtig und hat sich im Laufe der Jahrhunderte weiterentwickelt. Innerhalb eines Musikstücks kann die Stille sehr unterschiedliche Wirkungen entfalten, je nach ihrer Länge und der Beschaffenheit des “Feldes” (Merleau-Ponty), in das sie eingebettet ist. In der zeitgenössischen westlichen Musik wird die Stille nicht nur – in Form von Pausen – zur Strukturierung einer Komposition (grammatikalische Funktion) oder zur Vermittlung von semantischen oder emotionalen Inhalten (rhetorische Funktion) eingesetzt, sondern auch als Klängen gleichwertiges kompositorisches Material. In diesem Vortrag wird die Frage nach dem Wesen der Stille und ihrer Beziehung zur Musik näher beleuchtet. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der zeitgenössischen westlichen Musik, aber auch Beispiele aus der klassischen Musik, der Klangkunst, der Installationskunst und der Literatur werden einbezogen.
Eröffnungsvortrag der Ringvorlesung “Mind the Gap – Leerstellen / Lücken / Pausen als Phänomene in den Künsten und der ästhetischen Bildung” an der Universität Bielefeld, 19.10.2021 16:00 Uhr